Die häufigsten Verhandlungsfallen und wie Sie sie vermeiden – Teil 2

Die häufigsten Verhandlungsfallen und wie Sie sie vermeiden – Teil 2

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Wir bewegen uns also weiter auf der Spur irrationaler Entscheidungen. Im Teil 2 geht es um die Macht der Verpackung.

2. Formulierungsfallen

In vielen Experimenten wurde nachgewiesen, dass eine Entscheidung maßgeblich davon abhängt, wie das Entscheidungsproblem formuliert – also „verpackt“ – wird. Das heißt konkret: Dieselbe Person kann bei zwei unterschiedlichen, aber gleichbedeutenden Formulierungen zu unterschiedlichen Entscheidungen gelangen. Zwei Formulierungsfallen sind dabei besonders bedeutsam.

Die Reizwörter „Gewinn“ und „Verlust“

Beispiel: Sie dürfen wählen, ob Sie entweder 100 € sicher erhalten oder 1.000 € mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 %. Nehmen wir an, Sie würden dem Risiko neutral gegenüber stehen, dann müssten Sie sich eigentlich für die zweite Option entscheiden, denn der Erwartungswert dieser Option ist 500 € (nämlich 1.000 € x 50 Prozent) während der Erwartungswert der ersten Option nur bei 100 € liegt.

Allerdings ist die Risikobereitschaft der Menschen keineswegs stabil, sondern hängt von der Formulierung ab:

  • Wenn Menschen mit möglichen Gewinnen konfrontiert werden, wählen sie eher nach dem Motto: „Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ und agieren damit risikoscheu. Sie entscheiden sich in der Regel für den sichereren kleinen Gewinn als für den unsicheren größeren.
  • Komischerweise sind Menschen andererseits eher risikobereit, wenn sie mit sicheren Verlusten konfrontiert sind. Sie riskieren in diesen Fällen oftmals noch größere Verluste.

Diese Erkenntnisse können Sie sich in Verhandlungen wunderbar zunutze machen. Überzeugen Sie die Gegenseite einfach davon, dass der von Ihnen unterbreitete Vorschlag für sie einen sicheren Gewinn darstellt. So wird es Ihrem Gegenüber schwer fallen, das Angebot abzulehnen, selbst wenn vielleicht noch eine unsichere Option für ein besseres Geschäft offen steht.

Unterschiedliche Referenzpunkte

Beispiel: Sie haben 2.000 € auf Ihrem Konto und man stellt Ihnen diese Frage: „Möchten Sie mein Angebot annehmen, bei dem Sie mit der gleichen Wahrscheinlichkeit 300 € verlieren oder 500 € gewinnen können?“ Und wie würden Sie sich entscheiden, wenn ich Ihnen folgende Frage stelle: „Behalten Sie lieber die 2.000 € auf Ihrem Konto oder möchten Sie mein Angebot annehmen, bei dem sich Ihr Kontostand mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auf 1.700 € reduzieren oder auf 2.500 € erhöhen könnte?“

In Experimenten ist auch der Einfluss der Darstellung der Ausgangslage auf die spätere Entscheidung gut messbar. Rahmenbedingungen, die nach rationalen Gesichtspunkten eigentlich nicht wichtig sein dürften, weil sie bei beiden Formulierungen gleich sind, gewinnen an Bedeutung.

Logischerweise müsste Ihre Antwort auf beide oben formulierten Fragen dieselbe sein, denn ich habe nur die Formulierung geändert. Dennoch zeigen Studien, dass das Angebot viel häufiger angenommen wird, wenn der Sachverhalt wie in der zweiten Frage formuliert ist. Woran liegt das?

  • Da die erste Frage von null ausgeht, erscheinen Gewinn und Verlust viel dramatischer.
  • Die zweite Formulierung führt Ihnen vor Augen, dass in jedem Fall eine hohe Summe auf Ihrem Konto verbleiben wird, womit Sie das Risiko viel eher als tragbar bewerten.

Fazit

Was würden Sie also sagen: „Auf Ihrem Kanzleikonto sind 5.000 €. Schon ein verpasster Anruf kann für Sie bedeuten, dass der möglicherweise lukrative Neumandant zu Ihrem Kollegen abwandert. Schon bei einem durchschnittlichen Streitwert bedeutet das für Sie, dass sich Ihr Kontostand auf sagen wir 4.100 € reduziert. Wenn Sie allerdings bei einem durchschnittlichen Anrufaufkommen für 190 € im Monat den Telefonservice von Anwaltssekretariat gebucht hätten, hätten Sie das Mandat gewonnen und Ihr Kontostand hätte sich auf 5.710 € erhöht.“ 🙂