Die häufigsten Verhandlungsfallen und wie Sie sie vermeiden – Teil 4
- Selbstmanagement
- Weiterbildung
Wir sind nun im letzten Teil unserer Reihe über die häufigsten Verhandlungsfallen angelangt und decken nun noch zwei besonders verbreitete und dabei leider auch besonders irrationale Verhaltensweisen auf. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei, die folgenden Verhandlungsfallen sicher zu umschiffen, damit Sie in Zukunft bessere Entscheidungen treffen und zufriedener auf Ihre Verhandlungsergebnisse zurückblicken können.
4. Trugschluss-Falle
Wer hat nicht schon einmal im Nachhinein festgestellt, dass er einem Trugschluss unterlegen ist, weil er eine Entscheidung getroffen und dabei wichtige Informationen übersehen hat? Doch wie kommt es dazu und wie kann man sich wappnen?
Ein Beispiel: Tim Schulte ist entweder Bibliothekar oder Vertreter. Eine seiner hervorstechendsten Charaktereigenschaften ist Schüchternheit. Unsere Frage an Sie: Wie groß stehen die Chancen, dass Herr Schulte Bibliothekar ist?
War auch Ihr erster Gedanke, dass Vertreter nicht gerade schüchtern sind und die Wahrscheinlichkeit deshalb größer ist, dass Herr Schulte Bibliothekar ist? Dann sind Sie leider schon wieder in die Trugschluss-Falle geraten, denn Sie haben nicht alle Informationen ausgewertet. Gibt es nicht weitaus mehr männliche Vertreter als männliche Bibliothekare? Statistisch gesehen, liegt die Wahrscheinlichkeit, einen männlichen Bibliothekar vor sich zu haben, sogar nur bei etwa einem Prozent. Selbst wenn man nun doch die Charaktereigenschaft in die Betrachtung mit einbezieht und davon ausgeht, dass 50 % aller männlichen Bibliothekare schüchtern sind, während diese Charaktereigenschaft nur bei 5 % aller Vertreter vorherrscht, kämen immer noch auf jeden schüchternen Bibliothekar 10 schüchterne Vertreter. Unter Einbeziehung aller vorhandenen Informationen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Tim Schulte Bibliothekar ist, also nur bei 10 %.
Auch wenn es verlockend ist, halten Sie also lieber einen Moment inne, bevor Sie sich angesichts einer vermeintlich einfachen Fragestellung entscheiden. Wer sich kurz Zeit nimmt und genau hinterfragt, welche Informationen vorliegen und ob alle im ersten Bauchgefühl einbezogen wurden, wird deutlich seltener in die Trugschluss-Falle tappen.
5. Der Mythos vom „begrenzten Kuchen“
Leider ist dieser Mythos bei vielen Verhandlungspartnern fest verankert. Die meisten sehen Verhandlungen als Nullsummenspiel und glauben, dass Zugeständnisse an die eine Seite automatisch einen gleichhohen Verlust auf der anderen Seite bedeuten. Jeden Vorteil des Gegenübers betrachten Sie als Nachteil für sich selbst.
Diese Verhandlungspartner kennen die neuesten Forschungsergebnisse zum Thema Verhandlung offenbar noch nicht. Schon längst ist nachgewiesen, dass es in den meisten Verhandlungssituationen möglich ist, den „Kuchen“ durch das Zusammenwirken aller Parteien zu vergrößern, sodass nach dem Aufteilen für jeden mehr übrig ist. Man spricht in diesem Fall von „integrativem Verhandeln“.
Anstatt sich in Zukunft also auf einen harten, engstirnigen Verteilungskampf einzulassen, die am Ende zu schlechten Ergebnissen oder gar zum Scheitern der Verhandlungen führen, denken Sie doch lieber einmal darüber nach, was Sie und Ihr Gegenüber zusätzlich in die Verhandlungsmasse mit einbringen könnten. Seien Sie kreativ und bleiben Sie vor allem in jeder Verhandlungssituation offen. Grabenkämpfe machen nur unzufrieden.