20 Tipps für die Kanzleifusion – Teil 2

20 Tipps für die Kanzleifusion – Teil 2

  • Kanzleigründung
  • Kanzleiorganisation

Heute gibt es den zweiten Teil unserer Serie zur erfolgreichen Kanzleifusion.

1.       Verfassung/Kultur der beiden Sozietäten

Sind die einzelnen Sozietäten monarchisch (ein Partner an der Führungsspitze) oder demokratisch (gleiches Recht für alle Partner) verfasst?

2.       Organisationsstruktur

Wie sind die organisatorischen Angelegenheiten geregelt?

  • Wie werden Beschlüsse gefasst: In Sozienversammlungen (wie oft pro Jahr?), per schriftlichen Umlaufverfahren? Beim gemeinsamen Mittagessen?
  • Welcher Partner hat welche Zuständigkeiten?
  • Gibt es Ausschüsse?

3.       Verhältnis der Anwälte/Mitarbeiter untereinander? Wie ist das Verhältnis untereinander? Wird sich gesiezt oder geduzt?

  • Beschränken sich die Beziehungen auf die geschäftliche Zusammenarbeit?
  • Gibt es Sonderbeziehungen, wie beispielsweise Verwandtschaft? Wie haben sich diese Beziehungen auf die Kanzlei ausgewirkt?
  • Wie ist der Arbeitsstil der Anwälte? Einzelkämpfer oder Teamworker?

4.       Anwaltliche Mitarbeiter

  • Gibt es Einstellungskriterien? Wenn ja, welche?
  • Wie sieht die Gehaltsstruktur aus? (gleiche oder unterschiedliche Einstiegsgehälter?
  • Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Sondervergütungen
  • Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter
  • Selbstständiges oder unselbstständiges Arbeiten?
  • Können Angestellte zu Sozien, also Teilhabern, werden? Wenn ja, was sind die fachlichen und formellen Voraussetzungen dafür?

5.       Altersstruktur

  • Gründe für gegebenenfalls gravierende Altersunterschiede
  • Ist die Altersstruktur bei beiden Sozietäten vergleichbar?
  • Wie sieht die Altersstruktur nach der Fusion aus?

6.       Anwaltliche Tätigkeitsfelder

  • Auf welchen Rechtsgebieten sind die Anwälte tätig? Gibt es bereits Spezialisierungen?
  • Wie werden die Rechtsgebiete, beispielsweise in Abteilungen, festgelegt?
  • Können Überschneidungen genutzt werden? Entstehen daraus Synergien?

7.       Spezielle Stärken oder Schwächen der Sozien

  • Persönlich
  • Fachlich

8.       Sonstige Tätigkeiten der Sozien

Eventuelle Nebentätigkeiten eines Sozius als Notar oder Wirtschaftsprüfer könnten zu Schwierigkeiten führen, wenn eine Sozietät ebenfalls mit dem Dritten zusammenarbeitet. Weitere anzugebene Nebentätigkeiten sind:

  • Aufsichtsrat
  • Lehrkörper
  • Politik
  • Rechtswissenschaftliche Publikationen
  • Darauf folgende Regelungen wie Zeitaufwand, Einkünfte, Beeinflussung

9.       Größe der beiden Sozietäten

Je ungleicher die Größenverhältnisse, desto eher kann der Eindruck entstehen, dass es sich nicht um eine Fusion sondern um eine Übernahme handelt.

10.   Renommee

Wie beim Größenunterschied verhält es sich beim Unterschied des Renommees. Ein zu großer Unterschied könnte für die Fusion nachteilig sein.

11.   Allgemeines Erscheinungsbild der Kanzlei

  • Wer tritt nach Außen in Erscheinung?
  • Entwicklung eines gemeinsamen Logos, Übereinstimmung über Stil und Aufmachung

12.   Mandantenstruktur

Bei manchen Mandanten bedarf es besonderer Vertraulichkeit und Fragen können somit erst im fortgeschrittenen Fusionsstadium geklärt werden.

  • Privatpersonen, Organisationen, Start-ups, kleine- und mittelständische Betriebe oder Großunternehmen?
  • Welche Branchen?
  • Gibt es wettbewerbliche Überschneidungen? Gemeinsame Mandanten?
  • Umsatzanteil der wichtigsten Mandanten? Umsatzabhängigkeit kann gefährlich sein

13.   Beziehungen zu Dritten

Gibt es Beziehungen zu anderen Kanzleien, Steuerberatern, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden oder Wirtschaftsprüfern? Können diese die Fusion behindern oder beeinflussen?

14.   Umsatz- und Ertragskraft

Entwicklung von Umsatz, Kosten und Gewinn der letzten drei bis fünf Jahre; da unterschiedliches Wachstum die Umsatz- oder Gewinnrechnung verzerren könnte, ist eine Pro-Kopf-Verteilung angebracht.

  • Gründe für hohe Schwankungen
  • Klärung der Abrechnungsmethode
  • Nennenswerte Unterschiede bei den Sozietäten

15.   Gewinnermittlung

  • Wird der Gewinn durch Einnahmeüberschuss oder durch Bilanzierung ermittelt?
  • Gibt es während des Geschäftsjahres eine Ermittlung des Zwischenergebnisses?
  • Wie transparent ist die Gewinnermittlung der potenziellen Partner?
  • Soll der zukünftige Gewinn gesamt oder auf die einzelnen Sozien aufgeteilt werden?
  • Kann die Buchhaltung nach der Fusion in einem Büro konzentriert werden? Wenn ja, bei welchem steuerlichen Sitz kann diese sein?

16.   Ausschüttungspolitik

  • Wie oft wurden Gewinne entnommen? Gibt es Rücklagen?
  • Wurden Liquiditätsengpässen mit Bankkrediten gelöst?

17.   Gewinnverteilung

Gibt es feste Quoten? Abhängig vom Lebensalter/Kanzleizugehörigkeit

  • Gibt es individuelle Quoten? Abhängig von Leistung/Umsatz/Akquisition von Mandanten
  • Gibt es eine Mischform?
  • Wer legt die Gewinnverteilung fest?

18.   Stimmrecht

Wie ist die Verteilung der Stimmen bei der Sozienversammlung?

  • Nach Quoten?
  • Nach Köpfen?

19.   Eintritt und Ausscheiden eines Sozius

  • Wer entscheidet über den Eintritt eines Sozius? (Eintrittskriterien)
  • Wer entscheidet über die Abgeltung bei einem Austritt?

20.   Altersversorgung eines Sozius

  • Gibt es Regelungen für ausgeschiedene Sozien?
  • Werden Mitarbeiterjahre angerechnet?
  • Wie werden Quereinsteiger behandelt?

Fazit

Je mehr Punkte dieser Checkliste bei den potenziellen Fusionspartner übereinstimmen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die beiden Sozietäten zusammen passen. Der Zusammenschluss könnte so leichter fallen und Ziele sind einfacher zu vereinbaren. Denn grundlegende Unterschiede bei beiden Partnern können zu grundlegenden Schwierigkeiten bei der späteren Fusion werden. Ein Zusammenschluss wird schwieriger, wenn viele strukturelle Änderungen vorgenommen werden müssen. So gilt es, dass im Vorhinein schon analysiert werden sollte, ob es bereits Gemeinsamkeiten gibt und wie diese im besten Fall synergetisch genutzt werden können.

Allerdings kann eine erfolgreiche Fusion erst als solche erkannt werden, wenn einige Zeit vergangen ist und praktische Erfahrungen vorliegen. Trotz bester Vorbereitung kann eine Fusion scheitern. Wichtig ist, dass sich die Sozietäten untereinander kennenlernen und miteinander arbeiten, somit wird ein „Wir-Gefühl“ geschaffen und ein gewisser Teamgeist kann entstehen und wachsen. Der Blick aller Mitarbeiter sollte immer nach vorne gerichtet sein, und nicht vergleichend in die Zeit vor der Fusion. Denn letztendlich entscheidet nicht das Vertragliche, sondern das Organisatorische zum Größten Teil über den Erfolg und ist Ergebnis der Anstrengungen aller Mitarbeiter.