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Wenn sich Ihr Mandant nach dem Stand des Verfahrens erkundigt, sollten Sie kurz überlegen, wie Sie sich ausdrücken. Wählen Sie die klassische “Juristensprache”, womöglich mit Fachtermini gespickt, mag das schlau klingen, doch der Mandant fragt nur: “Ähm, wie bitte?” und versteht kein Wort.
Sie mögen es gewohnt sein, Rechtstexte und Juristisches zu lesen, Latein und Fremdworte einfließen zu lassen etc., aber die breite Allgemeinheit hat davon keinen blassen Schimmer. Eine kurze, knackige, klare Sprache findet in Firmen, bei Privatkunden und öffentlichen Einrichtungen immer mehr Anklang. Komplexes muss nicht zwingend auch kompliziert klingen. Gerichte sehen das verständlicherweise anders, doch manches Mal mögen selbst Kenner den Kopf schütteln, etwa wenn Komplexes in Bandwurmsätze gegossen wird.
Ein Beispiel ist der Leitsatz einer EuGH-Entscheidung, der lautet:
“Art. 101 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass, wenn der Administrator eines Informationssystems, das Reisebüros ermöglichen soll, in einheitlicher Buchungsform Reisen auf ihrer Website zu vertreiben, diesen Wirtschaftsteilnehmern über einen individuellen elektronischen Mitteilungsdienst eine Mitteilung sendet, in der sie darauf aufmerksam gemacht werden, dass für die Preisnachlässe auf die mittels dieses Systems vertriebenen Produkte fortan eine Obergrenze gelte und im Anschluss an die Verbreitung dieser Mitteilung an dem fraglichen System technische Änderungen vorgenommen würden, die für die Durchführung dieser Maßnahme erforderlich seien, vermutet werden kann, dass diese Wirtschaftsteilnehmer ab dem Zeitpunkt, zu dem sie von der vom Systemadministrator versandten Mitteilung Kenntnis erlangten, sich an einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise im Sinne dieser Bestimmung beteiligt haben, wenn sie es unterlassen haben, sich öffentlich von dieser Verhaltensweise zu distanzieren, sie nicht bei den Behörden angezeigt haben oder keine anderen Beweise zur Widerlegung dieser Vermutung wie etwa den Nachweis einer systematischen Gewährung eines über die fragliche Obergrenze hinausgehenden Preisnachlasses vorgelegt haben.”
Äh, ja…
Anwälte, die permanent komplizierte Rechtssprache benutzen, distanzieren sich unbemerkt von ihren (potentiellen) Mandanten. Gehören Sie auch dazu, womöglich auch noch auf Ihrer Website, weil Sie dachten, es könnte kompetent wirken? Nun, diese Annahme sollten Sie vielleicht überdenken. Wenn Sie mit Ihrer Website neue Mandanten akquirieren möchten, die ja in der Regel juristische Laien sind, dann ist es an der Zeit, die Texte (z.B. auf Ihrem Blog) zu checken und ggf. zu ändern, so dass Sie Ihre Expertise online kundtun können, ohne dabei gleich in rechtliches Geschwätz auszuarten. Und selbst wenn Sie eine anspruchsvolle Klientel haben (z.B. Ärzte oder Wirtschaftsbosse), sollte es Ihnen möglich sein, die Inhalte statt in einer zutiefst juristischen in einer zwar gehobenen, aber laienverständlichen Sprache zu übermitteln.
1. Stellen Sie sich folgende Fragen:
Thema: Worüber möchte ich schreiben? Sind die Ideen klar definiert und folgen ihnen Beispiele samt klarer Analogie?
Leser: Wer wird diesen Blog lesen? Der CEO eines weltbekannten Unternehmens, die frisch geschiedene Mutter, die allein erzieht, oder Entrepreneure, die gerade angefangen haben? Die demografischen Faktoren Ihrer Leserschaft sollten bei Stil, Inhalt und Umfang Ihres Artikels Berücksichtigung finden.
Sinn: Warum schreibe ich dies? Welche Gedanken möchte ich meinen Lesern vermitteln? Wird ein rechtliches Problem erörtert, eine persönliche Meinung kundgetan oder versucht, Mitarbeiter zu finden?
2. Erklären Sie, auch das Offensichtliche!
Die technischen Feinheiten und sprachlichen Finessen eines Falles mögen Ihnen selbstverständlich erscheinen, doch für den juristischen Laien sind sie das mitnichten. Holen Sie weiter aus und holen Sie Ihren Leser da ab, wo er (wissensmäßig) steht.
3. Erzählen Sie kleine Geschichten.
Lesen Sie nochmal den Anfang dieses Artikels. Merken Sie was? Kleine Geschichten helfen dem Leser, komplexe Sachverhalte einfacher zu erfassen.
4. Fassen Sie sich kurz!
Für viele Kommata und verschachtelte Nebensätze in einem Vertrag bekommen Sie keine Extra-Prämie, im Gegenteil. Kürzen Sie Bandwurmsätze, um sich verständlicher auszudrücken. Statt komplexer Satzkonstruktionen und zu vieler Kommata sollten Sie zum Beispiel Bulletpoints nutzen.
5. Komplex durch einfach ersetzen
Anwälte neigen dazu, etwas mit vielen Worten auszudrücken, das auch mit weitaus weniger Text verständlich wäre.
6. Das Latein weglassen
Erklärt sich von selbst, oder?
Beherzigen Sie zumindest ein paar der genannten Vorschläge. Ihre Mandanten werden es Ihnen danken.